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10. Dialogtag der Katholischen Jugendsozialarbeit Bayern - „Verstehe! (De)Radikalisierung junger Menschen im Gespräch“

München. Die Teilnehmer hatten es gleich zu Beginn des 10. Dialogtags der Katholischen Jugendsozialarbeit (KJS) Bayern nicht leicht: Axel Möller, Vorsitzender der KJS Bayern, bat die rund 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, Aussagen rechtsextremen oder islamistischen Radikalen zuzuordnen. Die Trefferquote war gemischt, eine Einordnung nicht einfach. „Das zeigt uns, dass Radikale jeglicher Couleur Ansichten, Ziele und Methoden teilen."

"Deswegen betrachten wir Radikalisierung und Deradikalisierung auch im umfassenden Sinne. Dabei leiten uns immer die Fragen, was können wir tun, als Bürger, als Organisationen, als Politik und Gesellschaft und als katholische Jugendsozialarbeit“, erläuterte Möller in seiner Begrüßung das Anliegen des Dialogtages.

„Radikalisierung ist bei uns in der katholischen Jugendsozialarbeit immer wieder Thema und scheint auch zukünftig immer wichtiger zu werden.“
Dr. Christian Lüders vom Deutschen Jugendinstitut erläuterte, dass Radikalisierung kein neues Phänomen sei. „Seit den Anschlägen auf das World Trade Center am 9. September 2001 geriet der islamistische Terror in den Fokus, seit kurzem wird Radikalisierung aber phänomenübergreifend betrachtet.“ Die wissenschaftlichen Befunde seien dabei aber keineswegs heterogen.. „Wichtig ist aber festzuhalten, dass Radikalisierung kein linearer Prozess ist, sondern ein Wechselspiel aus Annäherung und Distanzierung auf der Suche nach Zugehörigkeit, Anerkennung, Identität und Wertschätzung.“ Als Problem werde Radikalisierung aber erst erkannt, wenn Gewaltbereitschaft auftritt, der quasi letzte Schritt in einem Radikalisierungsprozess. „Pädagogisches Handeln in Ihren Einrichtungen setzt aber sehr viel früher an, und das ist wichtig und gut so“, sagte Lüders an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gewandt.

In den anschließenden Dialoggruppen wurden die Erkenntnisse mit Verantwortlichen und Praktikern diskutiert. Vor allem die Beiträge, die aus der unmittelbaren Praxis der Arbeit mit radikalisierten Jugendlichen berichteten, waren sehr gefragt. Die einfachen Botschaften, die Jugendsprache und auch die klaren Aufträge würden Jugendlichen auf der Suche Orientierung und Sicherheit geben. Der erfolgversprechendste Ansatz, um das Schwarz-Weiß-Denken aufzubrechen, sei Jugendliche dazu zu bringen ihre Positionen zu hinterfragen. „Eins ist klar: Deradikalisierung ist ein zeitintensiver Prozess, denn die radikalisierten Jugendlichen verfügen über ein geschlossenes Weltbild, das nur schwer aufzubrechen ist“, sagte eine der Teilnehmerinnen.

Der Augsburger Weihbischof Florian Wörner, der auch Jugendbischof der Freisinger Bischofskonferenz ist, sagte, dass katholische Jugendpastoral einen Beitrag zur Radikalisierungsprävention leisten könne: „In unserer Arbeit nehmen wir Jugendliche ernst. Dazu kann der Geist der christlichen Nächstenliebe und des Evangeliums Jugendliche beim Heranwachsen stärken, kann beim Umgang mit Konflikten Orientierung geben und ihnen helfen, ihren Platz in einer pluralen Gesellschaft zu finden.“

Es ist das Anliegen der Dialogtage der KJS Bayern die in diesem Jahr bereits zum zehnten Mal stattfinden, verschiedenen gesellschaftlichen Akteuren eine Plattform zu bieten, um einen Blick über den Tellerrand zu wagen und ohne Handlungsdruck fachlichen Austausch und Vernetzung zu ermöglichen. Themen der Vergangenheit waren u. a. Jugendsozialarbeit und Wirtschaft, die Jugendsozialarbeit als kommunale Aufgabe oder auch die Jugendarmut in Bayern.

Die Katholische Jugendsozialarbeit (KJS) Bayern ist die Landesarbeitsgemeinschaft der überregional tätigen Träger der Jugendsozialarbeit in Bayern unter dem Dach des Landes-Caritasverbands Bayern. Die Träger unterstützen die soziale, schulische und berufliche Integration sozial benachteiligter und individuell beeinträchtigter junger Menschen. Zu ihren Angeboten gehören Jugendwohnen, Jugendwerkstätten zur Ausbildungsvorbereitung, die Jugendsozialarbeit an Schulen, aber auch Jugendmigrationsdienste.