Caritas und Regenbogenbüro Unterfranken luden zum Fachtag „„Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt“ ins Matthias-Ehrenfried-Haus ein. Alle zwölf unterfränkischen Erziehungsberatungsstellen von Caritas und Diakonie sowie in kommunaler Trägerschaft waren durch ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie interessierte Verwaltungskräfte vertreten. „Ein starkes Zeichen, dass sich hier mehr als 70 Kolleg*innen zu einem so relevanten Thema eingefunden haben“, begrüßte Referentin Sabrina Göpfert vom Diözesan-Caritasverband Würzburg im großen Saal des Matthias-Ehrenfried-Hauses.
Mit der Frage „Was macht uns eigentlich zu Frau und Mann?“, ermunterte Steffen Baer vom Kooperationspartner Regenbogenbüro gleich am Beginn zu einer Diskussion mit den Nachbarn in den gut besetzten Stuhlreihen. Schnell wurde klar, dass es um weit mehr geht als biologische Fakten und Merkmale. Rollen, Muster, Klischees, Erwartungen und Zuschreibungen seien individuell und gesellschaftlich prägend. „Nehmen Sie ihre Gedanken und Gefühle aus der Diskussion mit durch diesen Fachtag, und schauen Sie, was sich am Ende vielleicht verändert hat“, empfahl Baer.
„Andere Lebenswelten“
Dr. Claudia Krell stellte in ihrem fundierten Einstiegsvortrag „Andere Lebenswelten“ anschaulich Hintergründe und Herausforderungen für Menschen, die nicht den Normen der Mehrheitsgesellschaft entsprechen, dar. Durch zahlreiche Studien und Befragungen gestützt, wurde deutlich, dass gerade junge Menschen, die auf der Suche nach der eigenen Identität sind und sich anders definieren, großen Problemen, Anfeindungen und Übergriffen in Schule und familiärem Umfeld ausgesetzt sein können.
„Aufgabe der Erziehungsberatung muss es sein, diese Personen ernst zu nehmen und zu stabilisieren und Eltern, die in Sorge sind, zu entlasten“, so Krell. Die Gesellschaft tue sich nach wie vor schwer, weil es bislang an der kulturellen Aneignung von Vielfalt fehle. Zudem gebe es hartnäckige Vorurteile und viel Falschwissen. Auch deshalb sei es so notwendig, sich mit dem Thema zu beschäftigen und sich fachlich fort- und weiterzubilden.
„Alle jungen Menschen haben Probleme, Träume und Wünsche. Sie gehen zur Schule, wünschen sich gute Noten und ein erfolgreiches Leben. Für Jugendliche, die sich als ‚trans‘ oder ‚queer‘ identifizieren, kommen zusätzliche Herausforderungen hinzu. Sie werden ausgegrenzt.“ Die Suizidalität sei vielfach erhöht.
Trotz rechtlicher Weiterentwicklungen und gesellschaftlicher Fortschritte bleibe viel zu tun, zeigte sich die Expertin sicher. „Wir sollten aufräumen mit den Stereotypen und uns mehr einlassen auf Vielfalt.“ Krell kritisierte die Pathologisierung im Bereich sexueller Vielfalt, die sich bis heute darin zeige, dass es einer Diagnose bedürfe, um ins Hilfesystem aufgenommen zu werden.
Im Anschluss an ihren Vortrag stellte sich Krell vielen Fragen aus dem Fachpublikum und übernahm auch einen der angebotenen Workshops zur thematischen Vertiefung.
Workshops
„Queersensibel in der Verwaltung“ war ein weiterer Workshop, der von Tracy Hajduk und Constanze Stührenberg aus dem Caritas-Don Bosco Berufsbildungswerk angeboten wurde. Zum Thema „Sexuelle Orientierung in der Kinder- und Jugendhilfe“ arbeitete Davina Höblich mit einer Gruppe interessierter Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Sozialpädagogin Marita Sichender ermöglichte „Einblicke in Therapie und Diagnostik im Kontext Trans*“. Kinderschutz und Gefährdungseinschätzung standen im Mittelpunkt eines Workshops bei Steffen Baer vom Regenbogenbüro Unterfranken. Psychologin Andrea Lang sprach über sexuelle Orientierung in der Beratung“. Gut besucht war außerdem der Workshop von Vincent Steppert: „Einblicke in eine Trans* Biografie.“
Positives Feedback
Bereichert und begeistert zeigten sich am Ende Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie die Organisatorinnen und Organisatoren der Veranstaltung. Dabei wurden die hohe Fachlichkeit und der gute kollegiale Austausch besonders gelobt.
Sabrina Göpfert dankte schließlich neben Krell und Baer allen Referentinnen und Referenten der gut besuchten Workshops. Ein Dank ging auch in Richtung Matthias-Ehrenfried-Haus und Kolping-Akademie für die Bereitstellung von Räumen und an die Caritasstiftung Würzburg für die finanzielle Unterstützung des Fachtages. „Am Ende möchte ich aber allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern danken“, so Göpfert, „denn nur durch ihr engagiertes Mittun ist dieser Tag zu einem solchen Erfolg geworden.“
Weitere Netzwerktreffen zum Thema „Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt“ sind bereits geplant.
Sebastian Schoknecht