Viel sei in den letzten Jahren bereits getan worden, damit mehr junge Menschen die Ausbildung zur Erzieherin beginnen und erfolgreich abschließen könnten, hieß es beim Fachdialog von Seiten der vier Fachakademien für Sozialpädagogik, die die Caritas in Unterfranken betreibt. Die Zahl der Absolventinnen und Absolventen sei um mehr als 30 Prozent gestiegen, hieß es dazu seitens der Caritas Schulen gGmbH, die auch für die Fachakademien in Würzburg, Aschaffenburg, Münnerstadt und Haßfurt zuständig ist. Räumliche und personelle Ressourcen seien aber inzwischen ausgeschöpft.
Wie wichtig der Austausch ist wurde beim Blick in die Runde deutlich: Der dreiköpfige Vorstand der Caritas, Vorsitzender Domkapitular Clemens Bieber, die Direktoren Pia Theresia Franke und Dr. Wolfgang Kues, war anwesend gemeinsam mit dem Geschäftsführer der Caritas Schulen gGmbH, Rudolf Hoffmann; zudem Fachleute des Verbandes und nicht zuletzt Leitungskräfte aus Einrichtungen der stationären Jugendhilfe.
Großer Bedarf an Personal
„Die Herausforderungen sind gewaltig“, meinte Michael Deckert, langjähriger Leiter des Fachbereichs katholische Kindertageseinrichtungen der Caritas. Der Bedarf an gut ausgebildeten Erzieherinnen sei nach wie vor groß und werde weiter wachsen. Der rechtlich verbriefte Anspruch auf Kinderbetreuung, der Ausbau von Krippen und Horten trügen erheblich zum steigenden Bedarf an Fach- und Zweitkräften bei. „Außerdem haben wir in den kommenden Jahren damit zu rechnen, dass viele Erzieherinnen in den Ruhestand wechseln“, gab Deckert zu bedenken. Da reiche es nicht, die Ausbildung nun auch für Frauen und Männer mit Abitur zu bewerben.
Einigkeit herrschte darüber, dass die Qualität der Ausbildung nicht zugunsten einer erhöhten Quantität abgesenkt werden dürfe, sonst würden Kindertageseinrichtungen schnell wieder zu Bewahranstalten werden. Crashkurse zur Umschulung seien keine ernstzunehmende Option.
Wie lässt sich die Attraktivität des Berufs steigern? Auch wenn Geld nicht alles sei, müsse die Vergütung in der Ausbildung verbessert werden. Dies gelte beispielsweise für die Sozialpädagogischen Seminare (SPS). Doch wer trägt die Mehrkosten? Gerade kleinere Landkindergärten seien damit finanziell überfordert, wenn die Kommune, deren Auftrag es ist, Kinderbetreuung anzubieten, nicht ausreichend unterstütze. Andererseits brauche es ausreichend Plätze für das SPS und andere Praktika, denn diese seien zwingend durch den Ausbildungsweg erforderlich.
Agieren statt reagieren
„Wenn es im kommenden Jahr um die Neugestaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen auf Landesebene geht, werden wir genau hinschauen, dass die Belange der kleinen Einrichtungen, wie sie typisch sind für Unterfranken, ausreichend berücksichtigt werden“, unterstrich Caritasdirektorin Pia Theresia Franke. Hier fehle oft der Weitblick, betonte Domkapitular Clemens Bieber. „Die Politik agiert nicht, sondern reagiert erst, wenn die Not schon da ist.“ Man bringe viele Kirchensteuermittel ein, damit die Kindertageseinrichtungen unterstützt werden etwa durch Fachberatung und bei der umfassenden Verwaltung. Aber das sei auf die Dauer und bei zukünftig abnehmender Finanzmittel keine Lösung, so Bieber. Anhand eines Beispiels aus der Region machte der Vorsitzende des Diözesan-Caritasverbandes deutlich, wie unprofessionell bisweilen verfahren werde: „Da wird für einen neuen Stadtteil die Kita auf dem sogenannten sozialen Markt ausgeschrieben. Eine Bewerbung kommt auch von einem Investor aus dem fernen Berlin. Das hat mit sozialräumlichem Denken nichts mehr zu tun. Hier will jemand ganz offensichtlich selbst mit einer Kita noch Geld verdienen. Dann gab es aber doch ein Einsehen bei der Politik. Doch statt die Einrichtung der Diakonie oder Caritas zu überlassen, die vor Ort verankert sind und viel Erfahrung haben, geht die Einrichtung nun an das Bayerische Rote Kreuz, für die es in Unterfranken völliges Neuland ist.“
Die Kita als pastoraler Raum
Katholische Kindertageseinrichtungen sind eingebunden in das Netz von Kirche und ihrer Caritas. Das sei ein qualitativer Unterschied zu anderen Anbietern. Fachberaterin Petra Eitzenberger gab einen Einblick in das laufende Projekt „Kitas als pastoraler Raum“, das mit großem Interesse seitens der Einrichtungen gestartet ist. Wie können Kindergärten in der Pfarrei noch besser verankert werden? Und wie kann das Kind tatsächlich zum Zentrum pädagogischen und pastoralen Handelns werden? Dies seien Fragen des Projektes. Die Fülle an Angeboten in der Kita verstelle nicht selten den Blick auf die eigenen Bedürfnisse des Kindes, so Eitzenberger. Doch nicht das Kind müsse an die Angebote, sondern diese an jedes einzelne Kind angepasst werden.
Herausforderung Jugendhilfe
Schicht- und Wochenenddienste scheinen das Arbeitsfeld der stationären Jugendhilfe zu einer besonderen Herausforderung für junge Erzieherinnen und Erzieher zu machen. Dr. Norbert Beck vom Therapeutischen Heim St. Joseph im Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) und Anja Sauerer, Gesamtleiterin im Antonia Werr Zentrum machten deutlich, dass die Arbeit in der Jugendhilfe interessant und vielseitig sei und sich durchaus lohne. Die Zusammenarbeit mit den Fachakademien wolle man pflegen und ausbauen. Gerhard Merget von der Fachakademie Aschaffenburg: „Die Studierenden brauchen vielleicht mehr Praktikumsmöglichkeiten in diesem Feld, um es als attraktiven Arbeitsbereich kennenzulernen.“ Vieles hänge auch davon ab, wie präsent die Jugendhilfe personell an den Fachakademien sei.
Austausch intensivieren
Viele Themen konnten im Fachdialog nur angerissen werden, darunter auch das Angebot „Teilzeitausbildung“, das insbesondere jungen Frauen mit Kind Perspektiven eröffnen könnte. „Wir müssen uns als Kirche schon fragen lassen, was wir für diese Frauen über die bereits bekannten Projekte wie „Junge Eltern im Beruf“ (JEB) anbieten und wie wir auch Zugänge zu sozialen Berufen in Teilzeit eröffnen“, gab Caritasdirektorin Franke zu bedenken. Lediglich eine katholische Fachakademie biete gegenwärtig in Bayern das Modell der Teilzeitausbildung an.
"Die Abstände zwischen den Treffen werden verkürzt", waren sich die Fachleute einig. Zu brennend seien die Themen, zu wichtig die Notwendigkeit, die Zusammenarbeit aller Akteure zu intensivieren.