Lebhaft geht es zu im Seminarraum der Fachakademie für Heilpädagogik in Würzburg. Die Ausbildungsgruppe befindet sich im zweiten Jahr der insgesamt zweijährigen Vollzeitausbildung zum staatlich anerkannten Heilpädagogen.
Heilpädagogik, was ist das?
Heilpädagogik ist eine wissenschaftliche Disziplin der Pädagogik. Sie beschäftigt sich mit der Lebensgestaltung in erschwerten Beziehungs-, Erziehungs- und Lernverhältnissen. Heilpädagogen sind Profis und Partner in der Begleitung, Beratung, Erziehung und Bildung von Menschen – dort, wo allgemeine Pädagogik zumeist an Grenzen stößt.
Ziel ist es, Beeinträchtigungen in ihren Zusammenhängen zu erkennen, zu verstehen und zu erklären, um sie im Interesse der Betroffenen und mit ihnen gemeinsam verändern zu können – damit Teilhabe am Leben gut gelingt. Heilpädagoginnen und Heilpädagogen bilden damit eine Brücke zur Verwirklichung von Inklusion und Partizipation.
Was hat Euch veranlasst zur Bewerbung am heilpädagogischen Seminar?
„Ich hatte in meiner vergangenen Praxis oft das Gefühl, dass mir noch Handlungskompetenzen fehlten und ich dadurch oft an Grenzen gekommen bin“, meinte eine Studentin. Und eine andere führte aus: „Ich wollte neue theoretische Kenntnisse und Impulse bekommen, um noch bewusster und zielführender pädagogisch arbeiten zu können.“ Er wolle sich persönlich und fachlich weiter entwickeln, ließ ein junger Mann wissen, der im zweiten und abschließenden Jahr dabei ist.
Welche Themen und Inhalte sind besonders hilfreich und wertvoll?
Das Einnehmen einer heilpädagogischen Haltung, die Auseinandersetzung mit den eigenen Werten, die heilpädagogische Beziehungsgestaltung. Das alles seien wichtige Grundlagen, hieß es aus der Gruppe.
„Für mich sind die Theorien der Psychologie und das Wissen um die sogenannten Störungsbilder wertvoll, um bestimmte Verhaltensweisen besser verstehen zu können“, äußerte sich eine Studentin. Ebenso interessant sei auch das Erlernen von Handlungsstrategien in den Methoden- und Praxisfeldern, wie zum Beispiel das Moderieren von Konfliktgesprächen oder das systemische Arbeiten.
„Ich schätze die wöchentliche Supervision, die uns stützt und begleitet. Ich fühle mich dort dazu angeregt, eigene Lösungsstrategien für mich und meine Arbeit zu entwickeln“, teilte eine Studentin mit.
Hat die Ausbildung Auswirkungen auf die Professionalität?
„Der Blick auf die Kinder und Jugendlichen verändert sich: ich nehme bewusster wahr, individuelle Besonderheiten im Verhalten lassen sich durch Perspektivwechsel besser verstehen“, so ein Teilnehmer in der Ausbildung. Durch das wachsende Theoriewissen durchdenke man zudem viele Dinge intensiver. „Mein Handeln ist professioneller geworden, ich fühle mich sicherer. Ich bin ein Stück entlasteter – nicht mehr ständig als Erzieher nach Lösungen suchen zu müssen, sondern gemeinsam mit den Jugendlichen zu schauen, was für sie eine Lösung sein könnte“, brachte es eine Studentin für sich auf den Punkt. Und eine andere ergänz: „Während ich als Erzieherin den Fokus darauf gelegt habe, schnell ans Ziel zu gelangen, ist die heutige Devise: Der Weg ist das Ziel – und das mit Geduld.“
Ein weiterer Student: „Ich habe vor allem an Haltung gewonnen, ich weiß eher, wofür ich stehe und versuche, dafür einzustehen. Und ich habe mir vorgenommen, im Berufsalltag immer wieder in die Reflexion zu gehen und Dinge kritisch zu hinterfragen.“
Hat die Weiterbildung auch positive Auswirkungen auf die eigene Persönlichkeit?
„Sichtweisen und Meinungen haben sich bei mir verändert. Ich habe mich besser kennengelernt, kann mich besser einschätzen, habe an Selbstbewusstsein gewonnen“, sagte eine junge Frau. „Ich bin nachdenklicher geworden und mache viele Dinge – auch im privaten Bereich – bewusster“, fügte eine Studienkollegin hinzu.
„Während ich Menschen früher schnell als ‚auffällig‘ bewertet habe, denke ich heute eher: Oh wie spannend, was mag da wohl dahinter stecken?“
„Ich habe das Gefühl, meinen Horizont, meine Denkweisen und auch meine Persönlichkeit immens entwickelt zu haben.“
Welche Tätigkeitsfelder bieten sich nach der Ausbildung an?
„Ich bin durch die Einblicke in verschiedene Praxisfelder während der Ausbildung offener geworden. Eine Fachdienststelle wäre interessant. Vielleicht in einer Frühförderstelle oder im Bereich der (teil-)stationären Kinder- und Jugendhilfe“, meinte eine Teilnehmerin. „Mich interessiert die Arbeit in der Kinder- und Jugendpsychiatrie oder in einer schulvorbereitenden Einrichtung oder Förderschule.“ Andere könnten sich die Arbeit in einer Erziehungsberatungsstelle oder Heilpädagogischen Tagesstätte gut vorstellen.
Was ist das Besondere am Heilpädagogischen Seminar Würzburg?
„Ich schätze die persönliche, familiäre Atmosphäre. Auf die Dozenten kann man immer zugehen und bekommt bei allen Problemen (fachlich, organisatorisch etc.) gute Impulse“, sagte einer Studentin. Die intensive Zusammenarbeit und der wertschätzende Umgang miteinander sei schon etwas Besonderes an diesem Seminar in Würzburg. Auch die enge Verbindung zwischen Theorie und Praxis – unter Einbeziehung der eigenen Ressourcen, wurde lobend hervorgehoben. „Die Unterrichtsinhalte sind absolut praxistauglich“, zeigte sich einer der Teilnehmer sicher. Außerdem sei es möglich, einzelner Methodenfächer nach eigenen Interessen auswählen zu können. „Ich mag, dass dort in kleinen Gruppen gearbeitet wird.“
Das Angebot, sich in Live-Supervision auszuprobieren, die Selbsterfahrungswochen und die spannenden Exkursionen seien echte Highlights, meinten die Studierenden. Das Seminar sei ein Ort, an dem viel miteinander gelacht und auch manchmal geweint werde.
Hintergrund
Das Heilpädagogische Seminar (Fachakademie für Heilpädagogik) im SkF e. V. Würzburg bildet seit 50 Jahren staatlich anerkannte Heilpädagoginnen und Heilpädagogen aus. Das Seminar ist als zweijährige Vollzeitausbildung konzipiert und baut auf einen erfolgreichen Abschluss als Erzieher oder Heilerziehungspfleger oder einer vergleichbaren (pädagogischen) Ausbildung auf. Eine überschaubare Seminargruppe mit max. 26 Studierenden ermöglicht intensives Lernen.
Räumlich und personell ist das Heilpädagogische Seminar eingebunden in den trägereigenen Kinder- und Jugendhilfeverbund Überregionales Beratungs- und Behandlungszentrum (ÜBBZ) im SkF Würzburg. Dies gewährleistet theoriebegleitende, integrierte Praxiserfahrungen und ist seit Beginn mitbestimmend für die Schwerpunktsetzung der Würzburger Ausbildung: Heilpädagogik mit Kindern und Jugendlichen, die in ihrer sozialen, emotionalen und psychischen Entwicklung beeinträchtigt sind.
Nächster Ausbildungsbeginn ist September 2018
Nähere Informationen unter www.hps.skf-wue.de